In den vergangenen Tagen war einiges los. Ich leide ja sowieso nicht an akuter Langeweile, aber die letzte Woche war besonders ereignisreich. Lest selbst.

Freitag, 04.07., in den USA der Unabhängigkeitstag

Diesen Tag können Omi Donna und Era, eine kleine Schäferhundmischlingshündin, fortan als ihren persönlichen Feiertag betrachten. Wir haben die beiden Damen in ihr neues Zuhause gebracht  und durften erleben, wie überaus freudig sie aufgenommen wurden. Da sind die Strapazen eines 15Stunden Einsatzes wie weggeblasen. Und das wir das Deutschlandspiel nur im Radio hören konnten, war dann auch nicht mehr so schlimm. Die Kommentatoren haben uns auf jeden Fall oft zum Lachen gebracht. Bela Rethy erzählt halt nie was von den „Spargelbeinen“ eines Thomas Müller…

Sonntag, 06.07.

Beim Hundespaziergang erreicht mich ein Hilferuf. Cliff, ein alter kleiner Münsterländer, sucht ganz dringend ein Zuhause. Sein Herrchen wurde zum Pflegefall, er soll natürlich nicht in einem Tierheim landen. Nach dem Spaziergang Veröffentlichung fertig gemacht und in den Verteiler gegeben. Cliff hat auch schon ein neues Zuhause gefunden, das ging mal ganz ganz flott.

Montag, 07.07.

Abends Termin zur Übergabe von Sally, sie hat es wunderbar angetroffen. Sally hat große Angst vor Männern und schreckt vor heftigen Bewegungen zurück. Wir werden nie erfahren, was mit diesem tollen Hund passiert ist. Aber in ihrem neuen Zuhause bekommt sie die Fürsorge und Pflege, die sie hoffentlich alles vergessen lässt.

Dienstag, 08.07.

Termin zur Vorkontrolle für unsere kleine Jule. Die Interessenten wohnen zwar sehr schön, aber auch ziemlich weit weg. Und da ich ja immer nur abends fahren kann, wird es dann auch spät. Aber wir haben sehr liebe Menschen kennengelernt, die das Herz am rechten Fleck haben. Dieses Mal konnten wir das Deutschlandspiel auch ansehen. Wehe, wenn wir das 7:1 im Radio hätten hören müssen 🙂

Mittwoch, 09.07.

Nachkontrolle für einen anderen Verein, für den ich dort bereits die Vorkontrolle gemacht habe. Ich kann mich noch gut an meinen schriftlichen Bericht an den Verein erinnern. Bei der VK stellte sich nämlich ziemlich deutlich heraus, dass die Ehefrau überhaupt keinen Hund haben möchte, sondern dass das der mehr oder weniger alleinige Wunsch ihres Mannes ist. Ich habe dem Verein das mitgeteilt und die Empfehlung ausgesprochen, mal morgens, wenn er zur Arbeit ist, dort anzurufen und sich die Einstellung der Frau anzuhören. Ich weiss nicht, ob sie es getan haben. Vermutlich nicht, sonst wäre der Hund wohl nicht dort gelandet.

Die Terminabsprache zu dieser VK gestaltet sich außerordentlich schwierig, ich bekomme diesen Herrn einfach nicht ans Telefon. Spreche immer brav auf die Mailbox, keine Reaktion. Melde das an den Verein und bitte darum, dass sie selber mal nachhaken. Ein paar Tage später erhalte ich die Information, dass eine NK nicht mehr erforderlich ist, sie wollen den Hund abgeben, es gibt einen Krankheitsfall in der Familie.

Wieder ein paar Tage Kommando zurück. Hund kann jetzt doch bleiben, ich werde erneut um NK gebeten. Nur mal so am Rande: Ich lebe in Meerbusch, die Familie im Düsseldorder Norden. Die Vorsitzende des Vereins lebt in Duisburg, hat also eine ähnliche Entfernung wie ich. Warum bitte machen die ihre Kontrollen nicht selbst? Naja, wahrscheinlich hat sie ganz im Gegensatz zu mir richtig viel zu tun.

Ich versuche also erneut, den Herrn ans Telefon zu bekommen, wieder vergeblich. 3mal rufe ich an, 3mal kommt keine Reaktion. Ich hinterlasse auf der Mailbox, dass ich am Mittwoch gegen 19:00 bei ihnen sein werde. Fahre nach Büroschluß zunächst in den Hort, hole Daphne, Manu, Cleo und Fino (Hund einer Freundin, den ich immer mitnehme) ab und mache mich auf den Weg. Zwischendurch klingelt mein Telefon, recht schlechte Neuigkeiten von Sally. Sie hat eine stark angeschwollene Gesäugeleiste mit Milcheinschuß. Der Tierarzt vermutet, dass sie gesäugt hat. Moment: Sally hatte Junge? Ich weiss von nichts und bin erst einmal geplättet. Die neuen Besitzer auch. Hat man mir etwas verschwiegen? Wäre eigentlich kein Grund vorhanden, ob Sally jetzt Junge gehabt  hat oder nicht, sie wäre so oder so adoptiert worden. Ich werde da allerdings noch einmal nachhaken.

Habe mich noch nicht von dem Schock erholt, telefoniere ich mit Maik’s neuem Frauchen und erfahre, dass sein Name in seinem provisorischen Impfpass überklebt war. Darunter steht der Name „Humphrey“. Ich habe diesen Namen noch nie gehört, für mich war er von Anfang an Maik. Es gibt im Pass Hinweise darauf, dass er einen anderen Vorbesitzer hatte, auch davon weiß ich nichts. Mir hat man gesagt, Maik sei von klein auf bei der Familie und sie seien die einzigen Besitzer. Ich verstehe das absolut nicht. Auch das werde ich nie erfahren, ist auch eigentlich gleichgültig.Maik geht es supergut und das zählt.

Mittlweile bin ich am Ort der Nachkontrolle angekommen. Ich klingel, niemand öffnet. Klingel erneut, keine Reaktion. Rufe dort an, nach 10mal läuten meldet sich der Herr und wundert sich, warum man mir nicht die Tür öffnet.(?) In der Wohnung angekommen empfängt mich ein fröhlicher, etwas überdrehter kleiner Hund. Und eine eisige Atmosphäre. Das liegt nicht etwa an einer Klimaanlage, sondern an der Stimmung zwischen den Eheleuten. Die Frau sitzt mit dem Sohn der beiden auf dem Sofa, es läuft eine Kindersendung im Fernsehen. Man bietet mir keinen Platz an, die Blicke der Frau sprechen Bände. Ich versuche also, ein Gespräch in Gang zu bringen, was sich als äußerst mühsam darstellt. Der Mann spielt mit dem Hund, die Frau schaut zum Fernseher, ich stehe verloren mitten im Raum. Na gut denke ich, setz dich erst einmal und schau, was passiert. Nach einer kurzen Denkpause eröffne ich das Gespräch und frage, wie es denn so läuft mit der kleinen Hündin. Er beteuert, alles ist super, der Blick seiner Frau spricht eine ganz andere Sprache. Ich spreche sie also direkt an und frage, wie sie denn das Leben mit dem Hund findet. Und nun geht es los – sie findet das alles furchtbar, sie will den Hund nicht, wollte ihn nie, aber ihr Mann hat sich einfach über ihre Wünsche hinweggesetzt. Ihr Mann fragt sie mit betont ruhiger und freundlicher Stimme, hinter der aber ein Vulkan tobt, warum sie denn jetzt so etwas sagen würde. Sie seien sich doch einig gewesen, dass der Hund bleiben kann, er sei ja mittlerweile ein Familienmitglied usw. usw. Und ehe ich es mich versehe bin ich mitten in Szenen einer Ehe. Wieder einmal bewahrheitet sich, dass Tierschutz nur zu höchstens 20%Arbeit mit und  am Tier zu tun hat. Nein, es ist immer auch die Arbeit mit Menschen.

Der Ehekrieg nimmt Formen an, ich wünsche mir den Tarnumhang von Harry Potter. Versuche, zwischen den beiden zu vermitteln. Am Schluß schlage ich vor, dass wir für die kleine Hündin einen vorübergehenden Pflegeplatz suchen, die beiden sich erst einmal um ihre Probleme kümmern und sie dann, wenn alles wieder im Lot ist, einen evtl. 2. Versuch mit dem Hund starten. Wenn alles in’s Lot kommt…. Noch vor Ort rufe ich die Kontaktperson des Vereins an, um mit ihr zu besprechen, ob ich den Hund sofort mitnehmen soll. Die Atmosphäre war wirklich sehr aufgeladen, nahezu explosiv und ich wollte nur noch weg. Tja, dumm gelaufen, es geht niemand an’s Telefon, ich lande nach diversem Klingeln auf der Mailbox. Bitte um sofortigen Rückruf, nichts passiert. Ich konnte den Hund nicht mitnehmen, dazu bin ich nicht befugt und der Kleinen geht es ja auch gut, sie hat keinerlei merkwürdige Verhaltensweisen gezeigt, ist offen und zutraulich. Also fahre ich nach Hause, mit mulmigem Gefühl im Bauch. Knappe 30 Minuten später ruft der Verein zurück, ich schildere die Lage und bitte darum, den Hund sofort am Donnerstag dort rauszuholen, je eher, je besser. Gegen 20:15 bin ich zu Hause, ehrlich gesagt ziemlich fertig.

Donnerstag, 10.07.

Bekomme direkt am Morgen eine Mail vom Verein der kleinen Hündin, ob ich sie beschreiben könnte, damit die Pflegestelle Informationen hat. Mache ich natürlich, danach höre ich nichts mehr.

Donnerstag abend ist es dann relativ ruhig, ich telefoniere  30 Minuten mit einer Interessentin, versuche eine andere Interessentin zu erreichen und spreche danach über eine Stunde mit meinem Verein. Welche Wohltat – normale Menschen, normale Ansichten. Um 21:45 sind wir fertig (ich im wahrsten Sinne des Wortes). Gehe mit den Hunden raus, bespasse sie noch ein bisschen, bereite diesen Bericht vor und bin dann doch schon gegen 23:30 im Bett.

Was ich jetzt nicht erwähnt habe, ist die Beantwortung von ca. 50 Mails und diversen Telefonaten, die mal so zwischendurch geführt werden. Und so ganz nebenbei habe ich meinen Job, der mich gerade wirklich fordert (OK, macht Spass, ist aber anstrengend). Von unseren 3 Hunden will ich mal gar nicht sprechen, auch nicht von Hausarbeit und all‘ diesen Dingen. Und auch nicht von all‘ den Dingen, die ich nebenbei plane und die mich beschäftigen.

Ich arbeite im Tierschutz, aber eigentlich arbeite ich für Menschen. Ich kenne den Begriff Tierschutzbeauftragte. Gibt es den Begriff Menschenbeauftragte auch?

Zum guten Schluß: Das ehemalige Frauchen von Sally beteuert, Sally sei nie trächtig gewesen. Woher das ausgeprägte Gesäuge kommt, kann sie nicht erklären. Belassen wir es dabei. Und auch bei Humphrey. Ist im Nachhinein auch nicht wichtig. Für die Zukunft wünsche ich mir aber, die Wahrheit erzählt zu bekommen. Wird wohl ein frommer Wunsch bleiben.

Und jetzt muß ich aufhören, gerade kommen 2 Notfälle rein. Hunde, um die ich mich kümmern muß. Und dann um den Menschen, der dranhängt. Und daran hängt -manchmal.