Am Montag, 08.05.2017, erreicht mich die Nachricht eines schweren Verkehrsunfalls, bei dem ein Hund aus dem Auto gesprungen ist und völlig verstört auf der B7 zwischen Düsseldorf und dem Autobahn Kreuz Kaarst umherirrt.

Da der Unfallort in unmittelbarer Nähe liegt mache ich mich nach Rücksprache mit Ute Organiska von der Hundesuchhilfe Neuss und Umgebung, die sich sehr professionell mit entlaufenen Hunden beschäftigt, auf die Suche. Meine Information war, dass der Unfall hinter der Theodor-Heuss-Brücke passiert und der Hund in Richtung Hundestrand gelaufen sei.

Ich bin dann einige Stunden in der Gegend herumgefahren, leider ergebnislos. Ergebnislos unter anderem dadurch, dass die Ortsangabe völlig falsch war. Nur eines war korrekt – der Unfall ereignete sich hinter der Theodor-Heuss-Brücke, allerdings ca. 5km davon entfernt. Wertvolle Zeit ging verloren. Während dieser Suchaktion war ich in Kontakt mit dem Exmann der Besitzerin von Letti, der sich sofort auf den Weg gemacht, um bei der Suche zu helfen.

Am Dienstag, 09.05., habe ich mit der Besitzerin telefoniert, um die weitere Suche nach Letti zu organisieren. Bei dem Unfall wurde ihr Auto zu einem Totalschaden, so dass sie von ihrem Wohnort in Mönchengladbach nicht zum Unfallort gelangen konnte. Kein Ding, ich bin nach Mönchengladbach gefahren und habe sie abgeholt. Zwischendurch habe ich noch schnell Flyer entworfen und gedruckt, damit wir diese rund um den Unfallort anbringen können. Mehrere Stunden sind wir umhergelaufen, haben die Flyer verteilt, Futterstellen eingerichtet und mit vielen Spaziergängern gesprochen. Leider haben wir Letti nicht gesehen und ich habe die Besitzerin wieder nach Hause gefahren.

Am Dienstag, 09.05. ging die Suche zumindest für mich weiter. Ich habe mir immer vorgestellt, mir passiert ein solcher Unfall und einer unserer Hunde irrt völlig geschockt, orientierungslos und einsam in der Gegend herum – ein Albtraum. Irgendwann am Dienstag nachmittag kam eine Nachricht, dass ein Hund – mit großer Wahrscheinlichkeit Letti- immer noch in der Nähe der Unfallstelle auf der B7 herumläuft. In der Nähe befindet sich das Parkhaus von Vodafone, dort wäre eine gute Versteckmöglichkeit. Wir sind dann zu Vodafone gefahren und haben darum gebeten, dort eine Decke zu hinterlegen und auch eine Futterstelle einzurichten. Vodafone, gut bewacht durch eine Securityfirma, hat großartig reagiert und alle Unterstützung angeboten. Mein besonderer Dank geht an Gerd, meinem Mann, der sofort sein Tennistraining abgebrochen hat und mit mir zu Vodafone, seinem Arbeitgeber gefahren ist, um bestmögliche Unterstützung zu liefern. Als wir geklärt hatten, dass wir auf dem Vodafone-Gelände aktiv werden dürfen, kam die Besitzerin mit Unterstützung ihres Exmannes dorthin und wir haben den bestmöglichen Platz ausgesucht. Dann war es eigentlich wie im Krimi – während wir vor Ort waren, erhielt der Exmann der Besitzerin einen Anruf. Letti war wenige Minuten zuvor genau an der Unfallstelle gesichtet worden. Besitzerin und Exmann sind auf den Mittelstreifen gelaufen (nicht ganz ungefährlich, immerhin ist dort Tempo 80 erlaubt und nicht jeder hält sich dran). Ich war die ganze Zeit im telefonischen Kontakt mit Ute Organiska, sie hat immer wieder wertvolle Tipps gegeben. Ich habe dann von dort aus die Polizei angerufen, die aber schon unterwegs war und neben mir auf der B7 anhielt, um den Sachstand zu erfragen.

Letti war tatsächlich auf dem Mittelstreifen, bei der Suchaktion ist ihr ehemaliges Herrchen sogar fast auf sie draufgetreten, weil sie platt auf dem Boden unter den zahlreichen Grünpflanzen kauerte. Letti ist dann vor ihren Besitzern geflüchtet, sie war als „Geisterhund“ auf der Gegenfahrbahn Richtung Kaarst unterwegs. Diese Fluchtaktion, nur wenige Zentimeter von den ihr eigentlich vertrauten Personen entfernt zeigt, wie panisch dieser kleine Hund gewesen sein muß.

Wir sind dann die B7 weitergefahren und haben festgestellt, dass sie eigentlich erst in Höhe der Rheinischen Post/Teekanne in Heerdt die B7 verlassen konnte, bis dahin ist die Strecke von Lärmschutzwänden eingezäunt. Also sind wir, mittlerweile war es bestimmt 21:00, an die rückwärtige Seite der B7 gefahren und haben dort nicht nur alles abgesucht, sondern haben auch Geruchsstoffe der Familie ausgelegt. Vielen Dank an Eva von der dort ansässigen Hundeschule. Sie hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, um ihre Vereinskollegen zu informieren, damit sie alle Ausschau halten.

In den folgenden Tagen bin ich immer und immer wieder in der Gegend herumgefahren.  Aus welchen Gründen auch immer hat sich Lettis Frauchen nicht mehr gemeldet. Mehrere Male habe ich sie gefragt, wann die Vermisstenflyer von Tasso kommen und zuletzt am Donnerstag, 18.05., 10 Tage nach Lettis Verschwinden auch gefragt, warum denn Letti noch immer nicht bei den Vermisstenmeldungen bei Tasso steht. Sie hat das nicht beantwortet. Wahrscheinlich war der Schock über das Verschwinden ihres Hundes zu groß. Und jetzt schalte ich meine Ironie aus. Diese Besitzerin, das Frauchen von Letti, hat nichts, NICHTS getan, um ihren angeblich so geliebten Hund wiederzubekommen.

Ich bin fast täglich, wann immer es meine Zeit mir ermöglichte, umhergefahren und habe Flyer verteilt. Am Dienstag, 16.05., erhielt ich eine Information, das Letti in der Nähe eines Gestüts in Kaarst gesehen wurde. Ich habe sofort neue Flyer ausgedruckt und bin dorthin gefahren. Leider ohne die Besitzerin, sie hat weder auf Anrufe noch auf sonstige Nachrichten reagiert. Egal, es geht um den Hund und um die Vermeidung eines Unfalles, Am Mittwoch,17.05., erhielt ich einen Anruf, eine Joggerin hat einen Flyer entdeckt und konnte sich erinnern, dass sie Letti am Sonntag gesehen hat. Also war recht klar, Letti hält sich in dem Gebiet auf. Eine gute Voraussetzung für die Einrichtung von Futterplätzen, um sie konstant in der Nähe zu halten und zu einem späteren Zeitpunkt eine Lebendfalle aufzustellen.

Am Donnerstag, 18.05., erhielten wir einen erneuten Hinweis. Eine Anwohnerin hatte sich bei Ute Organiska gemeldet, Letti war eindeutig in ihrem Garten, ist aber, nachdem sie angesprochen wurde, panisch davongelaufen. Ich bin dann noch an diesem Abend zu ihr gefahren -ein herzlicher Dank geht an Yvonne für ihre tatkräftige Unterstützung. Sie hatte Letti fotografiert und in ihre Nachbarschafts-Whattsapp Gruppe gestellt, worauf sie den Hinweis bekam, dass Letti schon länger vermisst wird.

Wir haben dann Futterplätze eingerichtet. Auf Yvonnes Grundstück und in der näheren Umgebung. Ein Förster hat mich dabei beobachtet und mich zunächst argwöhnisch gefragt, was ich denn im tiefen Gebüsch veranstalte :-). Nachdem ich ihm erklärt habe, um wen und was es ging, war er sehr sehr hilfsbereit und hat versprochen, Ausschau zu halten und vor allem die ortsansässigen Jäger zu informieren, damit Letti nicht als wildernder Hund angesehen wird.

Am Samstagvormittag, 19.05., war ich wieder vor Ort, ausgestattet mit neuen Flyern und mit reichlich Futter im Gepäck. Sämtliche Reiter, Fußgänger, Fahrradfahrer habe ich angesprochen, das Foto von Letti gezeigt und um Anruf gebeten, falls sie gesichtet wird,

Auch heute, 20.05., waren wir wieder in dem Gebiet unterwegs und haben wieder Flyer an sämtlichen möglichen und vielleicht auch unmöglichen Orten angebracht.

Und dann, heute, Sonntag 20.05.2017 um 18.35 erhielt ich die Nachricht des Tages oder eigentlich der letzten 14 Tage. Letti wurde gesehen, sie lag in einem Gebüsch, tief eingegraben hinter einem Zaun. Nachbarn aus Yvonne’s Whattsapp Gruppe oder eigentlich besser deren Hunde haben sie aufgespürt. Die Nachbarn, insbesondere Rainer H. haben gut reagiert und die Polizei verständigt. Da die Polizei über Letti informiert war, kamen sie sofort und ein sehr sehr einfühlsamer und geduldiger Polizist hat es geschafft. Er konnte Letti ein Halsband umlegen und sie sichern. Danach ging es ganz schnell. Die Besitzerin war leider telefonisch nicht zu erreichen, dafür aber ihr Exmann und er war nach ganz kurzer Zeit bei der Polizei, hat Letti abgeholt und nach Hause gebracht.

Die vergangenen 14 Tage haben mich sehr berührt und auch mitgenommen. An dieser Stelle sage ich allen Beteiligten herzlichen Dank, allen voran Ute Organiska von der Hundesuchhilfe Neuss und Umgebung. Sie hat so viele wertvolle Tipps gegeben und war ständig erreichbar. Insgesamt war das Engagement einfach nur grandios. Völlig unbeteiligte Menschen haben bei der Suche mitgewirkt und gemeinsam dafür gesorgt, dass Letti zumindest äußerlich wohlbehalten nach Hause gekommen ist.

Meine tiefste Verachtung gilt der Besitzerin von Letti. Sie hat sich, mit Ausnahme von einigen halbherzigen Hilferufen in Facebook, in keiner Weise an der Suche an ihrem ach so geliebten Hund beteiligt. Es kam keine Rückmeldung von ihr auf unsere zahlreichen Anfragen. Sie war nicht vor Ort, zumindest hat niemand der vielen vielen Menschen, die ich angesprochen habe und die dort wohnen, sie jemals gesehen oder etwas von ihr gehört. Auch wenn man ihr zugute halten könnte, dass sie unter Schock stand, besorgt war und sich nach dem Unfall erst einmal selbst sortieren musste. Nein, für mich sind das keine Erklärungen, die ich auch nur annähernd akzeptieren kann. Hier geht es um ein Lebewesen, ein Mitglied dieser Familie. Und für Familienmitglieder bin ich da, stehe dafür ein, gebe alles, damit es ihnen gut geht. Und wenn sie selber nicht gekonnt hätte – zumindest der Kontakt zu den Menschen, die ihr Familienmitglied suchen, zu halten ist eine Selbstverständlichkeit. Aber natürlich nur dann, wenn einem etwas an dem Familienmitglied liegt.

Von Herzen wünsche ich Letti, dass sie diese furchtbare Zeit verarbeiten kann.

Ein letztes Wort an die Besitzerin: solltest du feststellen, dass Letti nicht mehr in dein Leben passt, sag‘ Bescheid. Mein Verein Animal Shelter und ich werden dafür sorgen, dass es diesem Hund an nichts mangelt. Nicht an Fürsorge, nicht an Liebe und Zuwendung. Und VERANTWORTUNG.

 

Bestimmt sind Tippfehler enthalten. Ich bitte um Nachsicht, ihr dürft sie alle behalten 🙂