…und kann sich nur wundern.

Für die Schäferhündin Mini meldet sich ein sehr netter Interessent, der sich den Hund gerne ansehen möchte. Er hat Schäferhunderfahrung, klingt am Telefon sehr kompetent und zuverlässig. Sogar die 200km Anfahrt schrecken ihn nicht, schon mal ein sehr gutes Zeichen. Ich habe versucht, die junge Frau, die um Vermittlungshilfe gebeten hat, zu erreichen. Mehrere Tage keinerlei Rückmeldung, weder per Mail, auch die telefonische Rücksprache mit den Eltern brachte keinen Erfolg. Erst nach dem 3. Anruf, bei dem ich ihr ausrichten liess, dass ich Mini aus der Vermittlungsliste nehme, wenn sie sich jetzt nicht meldet, bekomme ich ein Feedback. Angeblich ist Mini vermittelt, ihre ehemalige Mitbewohnerin der WG hat einen Platz gefunden. Genau weiss sie es nicht, sie hegt die Befürchtung, dass Mini in einem Tierheim gelandet ist. Wir vereinbaren, dass Sie noch einmal nachforscht und sich meldet. Zwischendurch wieder mit dem Interessenten telefoniert, er hat nach wie vor großes Interesse und fände es mehr als traurig, wenn der Hund in einem Tierheim gelandet wäre. Leider leider leider meldet sich die junge Dame nicht wie vereinbart. Sie wohnt auch nicht gerade um die Ecke, sonst hätte ich mich schon in Marsch gesetzt. Ich schaue mal, was ich noch erreichen kann. Hartnäckig kann ich ja sein.

Kurz vor unserem Urlaub meldete sich ebenfalls eine junge Frau, die verzweifelt ein neues Zuhause für ihren Chihuahua-Pinscher Mischling Amy ein neues Zuhause sucht. Amy wohnt seit 5 Jahren bei ihr, sie kann nicht alleine bleiben und schreit sich wohl die Seele aus dem kleinen Körper, wenn Frauchen weggeht. Frauchen muß aber manchmal weg, da hilft nichts. Und jetzt hilft nichts mehr – Amy muß weg. Jaja, so kann’s gehen. Auf meine Suchanzeige meldet sich eine sehr nette Dame eines Tierschutzvereines aus dem Raum Köln (dort wohnt Amy auch). Wir telefonieren recht lange auf der Fahrt in den Urlaub und sie bietet an, Amy zu übernehmen. Tja, was soll ich sagen -auch das Frauchen von Amy ist nicht mehr zu erreichen. Nicht telefonisch, nicht per Mail -vom Erdboden verschwunden. Es fällt mir schwer, aber ich nehme Amy aus dem Verteiler. Schade nur, dass sich noch eine andere Dame für den Hund interessiert, auch hier hätte der kleine Schreihals ein schönes Zuhause gefunden.

Und dann der für mich im Moment tragischste Fall. Im März habe ich eine Vorkontrolle für den kleinen Lugo, Huskymischling, heute knappe 10 Monate jung, gemacht. Lugo lebt in Düsseldorf bei einem sehr netten, aber auch sehr jungen Pärchen. Bei dieser Vorkontrolle zeigt sich, dass die beiden jungen Leute Lugo zwar sehr gerne mögen, ihm aber Null Komma Null Grenzen setzen. Lugo geht sprichtwörtlich über Tische und Bänke. Er ist ein Wildfang, sehr süss, aber auch saufrech. Ich gebe den beiden jungen Leuten den dringenden Rat, sich hier schleunigst durchzusetzen und einen Hundetrainer zur Unterstützung einzuschalten. Biete an, ihnen entsprechende Hilfestellung zu geben und kompetente Trainer zu nennen. Nein nein, nicht nötig, eine Freundin ist Hundetrainerin, sie ist schon informiert und wird das Kind-pardon, den Hund, schon schaukeln.

Ich weiss nicht, was sie geschaukelt haben, den Hund auf jeden Fall nicht. Lugo macht nach wie vor, was er will, ein neues Problem ist aufgetreten, er bleibt nicht alleine. Die beiden jungen Menschen müssen aber studieren gehen und Lugo ist sehr stimmaktiv, wenn er alleine ist.

Ende Mai kommt ein Hilferuf, Lugo muß bis Mitte Juni sein Zuhause verlassen, die Nachbarn beschweren sich massiv und die Probleme mit ihm sind so groß, dass er weg muß. Der vermittelnde Verein bittet um Hilfe, ich setze Lugo also hier auf die Homepage und schicke ihn Dank Unterstützung großartiger Tierschützer als Aufruf quer durch Deutschland.

Nach wenigen Tagen meldet sich eine junge Frau, gemeinsam mit ihrem Freund suchen sie einen Kumpel für ihren 6jährigen Jack Russel Rüden. Wir telefonieren, sie erreicht mich am Urlaubsort mitten im Gartencenter. Mein geduldiger Gatte Gerd (gGG) verdreht zwar die Augen, lässt mich aber meiner Tierschutzarbeit nachgehen. Ich bitte also die Interessentin, mir eine Mail zu schicken und sich ein bisschen zu beschreiben. Prima, Mail kommt an, liest sich gut und ich schicke ihr eine ausführliche Verhaltensbeschreibung von Lugo. Weise darauf hin, dass er viel Erziehung und Grenzen benötigt, bellt, über Tische und Bänke geht und eigentlich seine Menschen nicht so ganz ernst nimmt. KEIN PROBLEM für die Interessentin, ihr Freund und sie kennen sich aus, langjährige Hundeerfahrung ist vorhanden, sie sind die Experten, die Lugo braucht.

Ich habe die Interessenten mit dem vermittelnden Verein zusammengeführt, eine Freundin gebeten, eine Vorkontrolle durchzuführen, alles ging seinen Gang, Lugo sollte zum probewohnen. Nach ein paar Tagen bat ich die Interessentin um Infos, wie es denn mit Lugo klappt, insgesamt und speziell mit ihrem Rüden. Beim Kennenlerntermin war alles ganz wunderbar, ich erhielt einen schillernden Bericht. Danach hörte ich nichts mehr, Unruhe stellt sich ein. Habe mich dann mit dem vermittelnden Verein in Verbindung gesetzt und meine Bedenken mitgeteilt. Auch wenn ich noch nicht so lange im „Geschäft“ bin – wenn sich ein Interessent einfach nicht meldet, werde ich nervös und weiss, dass das nicht gut ist.

So ist es auch. Lugo geht doch tatsächlich über Tische und Bänke (ach was?), hört nicht, macht was er will und schnappt, wenn man nach ihm greift, um ihn zurechtzuweisen. Ich habe sofort meine Mails an die Interessentin hervorgekramt und dort steht es schwarz auf weiss, genau diese Eigenschaften habe ich ausdrücklich erwähnt. Tja, Lugo hat sein probewohnen bei diesen so erfahrenen Hundehaltern beendet und ist nun erst einmal wieder in seinem vorherigen Zuhause, aber nur für ein paar Tage, er kann dort einfach nicht bleiben.

Ein vermeintlicher Lichtstreif am dunklen Lugo-Himmel tut sich auf, eine weitere Interessentin meldet sich. Auch sie ist noch jung, auch sie verfügt über viel Hundeerfahrung. Kleiner Einwurf: Wie macht ihr jungen Menschen das – gerade mal Mitte 20 und viele Jahre Hundeerfahrung? Faszinierend. Aber zurück zur neuen Interessentin. Habe ihr mitgeteilt, dass Lugo probewohnen ist und nach ein paar Tagen den Status aktualisiert. ALLES genau geschildert (bleibt nicht alleine, wiedersetzt sich Kommandos, hört nicht etc. pp). Und jetzt bekomme ich was zu lesen, was mich echt kopfschüttelnd vor meinem Monitor sitzen lässt: Man kennt sich aus, ihr vorheriger Hund hatte ähnliche Probleme, lt. Tierarzt liegt das daran, dass der Hund Verlassensängste hat und traumatisiert ist. Ich soll doch mal den Probe“eltern“ den Rat geben, sich die Sendung mit César Millan im Fernsehen anzuschauen, dort kann man soooo viel lernen. Und überhaupt muß der Hund körperlich ausgelastet werden, sie sollen es mal mit schwimmen im See probieren oder ihn am Fahrrad laufen lassen. Ja nee is klar, so einfach ist eine Fernbeurteilung und die Diagnose. Da kann ich auch direkt die Glaskugel befragen oder die Lösung pendeln.

Leute – nichts gegen César Millan, ich finde ihn gut (bitte hier jetzt keine der üblichen Pro/Contra Diskussionen, OK?). Aber nur, weil ich mal ein paar Sendungen im Fernsehen präsentiert bekomme, werde ich doch nicht zum Experten für Hundeerziehung. Da kann ich mir noch so viele Kochsendungen anschauen, ein Sternerestaurant kann ich trotzdem nicht eröffnen.

Fazit: Ich werde nach wie vor in Urlaub fahren, das ist ja schon mal eine gute Erkenntnis. Aber ich werde meine Vorgehensweise bei Notrufen ändern. Ich weiss noch nicht wie, aber: Es ist nicht gesagt, dass es besser wird, wenn es anders wird. Wenn es aber besser werden soll, muß es anders werden. (frei nach G.C. Lichtenberg).

Wenn ihr jemanden kennt, der sich Lugo zutraut (aber wirklich zutraut, über die erforderliche Erfahrung, Durchsetzungsfähigkeit und Hartnäckigkeit verfügt), dann möge sich dieser Mensch bitte schnell bei mir melden. Lugo ist noch jung und ich bin sicher, dass man diesem süssen Burschen durchaus beibringen kann, was geht und was nicht. Es wäre wirklich schade um den Burschen.